16.06.2023 –, U8
Sprache: Deutsch
Marktmächtige Unternehmen, Einzelpersonen und auch der Staat setzen zunehmend auf rechtliche Mittel, um unliebsame Kritik zu unterdrücken und Protest zu verhindern. Gezielte Klagen gegen Journalist:innen, Verlage, Blogs und Aktivist:innen sind kein Einzelfall, sondern Teil einer Strategie, um Kritik zu verhindern und Meinungen aus dem öffentlichen Diskurs zu drängen. Unter dem Schlagwort SLAPPs (Strategic Lawsuits Against Public Participation) bekommt diese Strategie erstmals auch in Deutschland größere Aufmerksamkeit.
Besonders häufig sind Journalist:innen betroffen. Die Drohkulisse jahrelanger Rechtsstreite, die damit einhergehenden Kosten und psychischen Belastungen führen zu „chilling effects“.
Hierbei fängt rechtlich missbräuchliches Verhalten oftmals nicht erst vor Gericht, sondern bereits im Vorfeld an, etwa im Rahmen von sogenannten Informationsschreiben oder Abmahnungen bzw. Aufforderungen zur Abgabe einer Unterlassungserklärung. Die Kontaktaufnahme erfolgt dabei in der Regel über spezialisierte Kanzleien und sofern die betroffenen Journalist:innen nicht ohne weiteres auf ein Justiziariat bzw. anwaltliche Hilfe zurückgreifen können, ist der gewünschte Einschüchterungseffekt schnell erreicht.
In dem Workshop werden wir in den politischen und rechtlichen Rahmen von SLAPPs einführen, den Teilnehmenden anhand von Beispielsfällen das Konzept von SLAPPs näher bringen und Gegenstrategien entwickeln. Wir geben den Teilnehmenden Kriterien an die Hand, die dabei helfen können, rechtsmissbräuchliches Verhalten zu erkennen. Anschließend werden wir - unter Berücksichtigung des laufenden EU-Gesetzgebungsverfahren zu SLAPPs - Handlungsmöglichkeiten darstellen, wie Betroffene reagieren können. Hier wird es in erster Linie darum gehen, wie eine kluge Rechtsverteidigung gegen einen SLAPP aussehen kann. Aber auch über den juristischen Tellerrand hinaus soll der Workshop Strategien vermitteln und weitergehende Informations-, Vernetzungs- und Beratungsmöglichkeiten aufzeigen.
Hannah leitet das Legal Team von FragDenStaat und beschäftigt sich mit Informationszugangsrechten, presserechtlichen Auskunftsansprüchen und äußerungsrechtlichen Streitigkeiten.
Joschka Selinger ist Rechtsanwalt bei der Gesellschaft für Freiheitsrechte und koordiniert dort den Schwerpunkt Demokratie & Grundrechte.
Bevor er zur GFF kam, arbeitete er als Rechtsanwalt im Bereich Prozessführung, forschte als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei einem Klimaschutz-Thinktank und war zuletzt Justiziar der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen im Abgeordnetenhaus von Berlin. Joschka hat Jura, Islamwissenschaft und Poilitikwissenschaft studiert und Auslandsaufenthalte in Damaskus und Kairo verbracht. Im Studium nahmer an der Law Clinic Internetrecht teil und verband das Referendariat mit Stationen bei einer Kanzlei im Bereich IP/IT-Recht, dem Auswärtigen Amt und der GIZ in einem Projekt zu Verwaltungsreform und Access to Justice in Ägypten.
Anna Hunger hat Kulturwissenschaften und Kunstgeschichte studiert, Ausbildung an der Reportageschule Günter Dahl. Danach freie Autorin für die Agentur Zeitenspiegel, mittlerweile feste Redakteurin bei der KONTEXT:Wochenzeitung.
(Foto: Joachim E Röttgers)