Wie kollaborative Recherche mit internationalen Kolleg:innen in Deutschland gelingt
16.06, 14:00–15:00 (Europe/Berlin), K7 (Casino)
Sprache: English

Journalist:innen, die in ihren Ländern politisch verfolgt werden, sind zunehmend gezwungen, ihr Land zu verlassen. Deutschland zählt zu einem der Länder, in denen viele von ihnen Zuflucht suchen. Rechercheteams sind daher auf die Mitarbeit von Kolleg:innen aus den jeweiligen Ländern angewiesen, die nicht nur durch ihre Sprachkenntnisse, sondern besonders durch ihren umfassenden Einblick in die Geschehnisse ihrer Länder, Kontakte, die Kenntnisse kultureller Codes, aber auch durch Informationsquellen und Sicherheitsbedingungen vor Ort Recherchen erst gelingen lassen. Vertrauen spielt dabei eine wichtige Rolle: besonders im investigativen Journalismus, wo die Schaffung einer Vertrauensbasis enorm wichtig ist, weil sie Türen öffnet und Quellen zum sprechen bringt. Preisgekrönte Recherchen wie „Die Letzte Schlacht um Mariupol“ (ZEIT Online) wären ohne die Mitarbeit von Journalist:innen mit den genannten Kenntnissen und Zugängen nicht möglich gewesen. Redaktionen, denen diese journalistische Expertise fehlt, lassen sich zudem leichter manipulieren. Ein Beispiel ist der sog. Iran-Experte Adnan Tabatabai, der jahrelang als unabhängiger Experte von deutschen Leitmedien angefragt wurde, obwohl er erwiesenermaßen Verbindungen zum autokratischen Regime Irans hat. Oft scheuen deutsche Redaktionen davor, eingewanderte Journalist:innen zu beschäftigen. Ihr Wert für die Redaktion wird oft nur anhand ihrer Deutschkenntnisse gemessen. Ihr Potenzial dagegen weder erkannt noch genutzt. Viele Journalist:innen, die nach Deutschland eingewandert oder geflüchtet sind, werden oft nur als sogenannte Fixer oder Dolmetscher:innen gesehen. Wir wollen ihnen auf dem Panel einen Raum geben, auf dem Kolleg:innen über ihre Erfahrung in der Zusammenarbeit mit deutschen Redaktionen berichten. Anhand konkreter Beispiele wollen wir deutlich machen, was es für eine gute Zusammenarbeit braucht. Unser Ziel ist außerdem, die betroffenen Journalist:innen durch Lobbyarbeit und Netzwerkaufbau dabei zu unterstützen, eine solide berufliche Perspektive für sich zu entwickeln.

Natalie Sablowski Datenjournalistin im Datenressort der SZ und Vorstandsmitglied bei den Neuen Deutschen Medienmacher*innen. Sie studierte in Gießen, Tomsk, Köln und Moskau Osteuropäische Geschichte, Journalistik, Kulturwissenschaften und Datenjournalismus und arbeitete zuletzt als Freie Journalistin für den WDR. Seit 2022 recherchiert, programmiert und schreibt sie für die Süddeutsche Zeitung und ist Teil des Datenjournalismus Teams. Neben ihrer Arbeit engagiert sie sich ehrenamtlich für mehr Diversität im Journalismus.

Omid Rezaee ist ein iranischer Journalist und schreibt als freier Autor für Die Welt, die taz, den Tagesspiegel und andere. 2012 verließ er seine Heimat, nachdem er aufgrund seiner journalistischen und politischen Tätigkeiten einige Monate im Gefängnis verbracht hatte. Bis Ende 2014 berichtete er aus dem Irak vor allem über den Krieg gegen den sogenannten Islamischen Staat bis er 2015 nach Deutschland kam. Er leitet die Redaktion des mehrsprachigen Nachrichtenportals Amal in Hamburg und studiert Digital Journalism an der Hamburg Media School. Omid betreibt die Webseite: www.perspective-iran.com

Ekaterina Bodyagina ist freie Journalistin und Fotografin. Seit der russischen Invasion der Ukraine im Jahr 2022 berichtet sie über deren Folgen. Sie hat unter anderem für die New York Times, dpa, Business Insider, Süddeutsche Zeitung Jetzt, Tagesspiegel, Handelsblatt und HuffPost berichtet. Seit 2013 arbeitet sie als Journalistin mit einem Schwerpunkt auf soziale Themen wie geschlechtsspezifische Gewalt und Ausgrenzung. Sie wuchs in Moskau auf und lebt seit 2015 in Berlin.

Josh Groeneveld ist Redakteur im Politik- und Investigativressort von Business Insider Deutschland. Er studierte Journalistik in Bremen und Manipal (Indien) sowie Politikwissenschaft an der Universität Osnabrück. Dabei durchlief er Stationen bei Radio Bremen, der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, der Süddeutschen Zeitung sowie dem Spiegel. Bevor es zu Business Insider ging, arbeitete er als Redakteur, Reporter und CvD für die HuffPost Deutschland.

Jochen Becker leitet die Medienredaktion ZAPP im NDR. Davor hat er für die NDR/WDR Investigation zu den Paradise Papers recherchiert, und für Panorama 3 zu politischen Missständen in Norddeutschland. Er hat Ethnologie, Politik und Journalistik in Hamburg und Philadelphia studiert.