Language: Deutsch
06-16, 10:45–11:45 (Europe/Berlin), K8
Wie können Journalist:innen ihre Ansprüche auf Zugang zu staatlichen Informationen gegenüber den Behörden und vor Gericht durchsetzen?
Die Lobbykontakte von Olaf Scholz, die SMS und Messengernachrichten von Regierungsvertreter:innen, von Ministerien zurückgehaltene wissenschaftliche Gutachten, die Vermittlungsversuche von Abgeordneten zu Verträgen mit Maskenlieferanten, die BND-Akte über Adolf Eichmann - für investigative Recherche ist der Zugang zu solchen Informationen oft essentiell.
Und grundsätzlich stehen der Presse auch viele Rechtsansprüche zur Seite, um sich Zugang zu den bei staatlichen Stellen vorhandenen Daten zu verschaffen. Neben den Informationsfreiheitsgesetzen von Bund und Ländern gibt es Spezialgesetze wie das Bundesarchivgesetz oder das Umweltinformationsgesetz sowie Auskunftsansprüche für die Presse und den Rundfunk. Dennoch werden viele Anfragen auf Zugang zu Informationen abgelehnt, oft unberechtigt.
Die Referent:innen sind Rechtsanwält:innen in einer eigenen Kanzlei, die Journalist:innen, Wissenschaftler:innen und NGOs bei der behördlichen und gerichtlichen Durchsetzung von Akteneinsichts- und Auskunftsansprüchen vertritt. Zuvor waren sie bei der Kanzlei Thomas Rechtsanwälte tätig, die zahlreiche Verfahren geführt hat, oft bis vor das Bundesverfassungsgericht und den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, und dabei auch Grundsatzurteile erstritten hat. In dem Workshop werden diese Erfahrungen geteilt und gezeigt, wie Informationsansprüche rechtlich effektiv durchgesetzt werden können. Die Referent:innen geben Tipps zu jedem Verfahrensschritt von der Antragsformulierung bis zum Gerichtsverfahren und der begleitenden Öffentlichkeitsarbeit, berichten von den Erfolgen und Fehlern.
Wie sind Anträge nach Auskunft an Behörden zu formulieren, damit sie Erfolg haben? Wie komme ich effektiv an welche Informationen (etwa weil bestimmte Gesetze großzügiger sind als andere)? Was sind die gängigen Gründe bei einer Ablehnung und wie können sie entkräftet werden? Wann lohnt sich eine Klage oder ein Eilantrag vor Gericht und wie kann ich strategische Klagen planen und mit Öffentlichkeitsarbeit verbinden? Über diese und weitere Fragen diskutieren der Rechtsanwalt David Werdermann, die Rechtsanwältin Dr. Vivian Kube und Dr. Manfred Redelfs von Netzwerk Recherche.
Dr. Manfred Redelfs leitet die Recherche beim Umweltverband Greenpeace und ist nebenberuflich als Recherchetrainer tätig, u.a. für die Süddeutsche Zeitung, die Akademie für Publizistik, NDR und MDR. Nach dem Studium der Journalistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Washington, Berkeley und Oxford hat er im Anschluss an ein NDR-Volontariat mehrere Jahre für den NDR gearbeitet; Vertretung von Professuren in Politikwissenschaft an den Universität Hamburg und in Journalistik an der Universität Leipzig; seit 2001 Vorstandsmitglied von Netzwerk Recherche, wo er sich vor allem zum Thema „Auskunftsrechte“ engagiert.
David Werdermann ist Rechtsanwalt und vertritt Journalist:innen, Wissenschaftler:innen und NGOs bei der Durchsetzung von Informationszugangsansprüchen. Daneben arbeitet er bei der Gesellschaft für Freiheitsrechte zu den Themen Überwachung und Polizei und veröffentlicht regelmäßig Beiträge in Fachzeitschriften und (Online-)Magazinen.
Dr. Vivian Kube ist Expertin für den Bereich Informationsfreiheit, Auskunftsansprüche und strategischer Prozessführung. Sie ist Teil des Legal Teams von FragDenStaat und hat mit David Werdermann zusammen die Kanzlei Kube Werdermann Rechtsanwält*innen gegründet. Dort vertritt sie Journalistinnen, NGOs, Wissenschaftlerinnen und andere, die von staatlichen Stellen Informationen erlangen möchten, im Verwaltungsverfahren und vor Gericht. Ihre Verfahren bei ihrer früheren Kanzlei Thomas Rechtsanwälte hat sie gerne auch bis zum Bundesverfassungsgericht oder dem Europäischen Menschengerichtshof geführt.