Nah dranbleiben, ohne vor Ort zu sein – Recherchemethoden russischer Journalist:innen im Exil
16.06, 15:30–16:30 (Europe/Berlin), K3
Sprache: English

Wie funktioniert Recherche, wenn man das Land, in dem man recherchiert, aufgrund drohender politischer oder strafrechtlicher Verfolgung nicht betreten kann? Wie kommuniziert man mit Quellen, die man weder persönlich treffen noch anrufen darf?

Der Angriffskrieg Russlands und die damit einhergehenden Verschärfungen des russischen Medienrechts führten zu einem massenhaften Exodus unabhängiger russischer Medien. Viele dieser Medien setzen ihre Berichterstattung nun aus dem Exil heraus fort und sind dabei mit der Frage konfrontiert, wie man an Themen dranbleibt, wenn man selbst nicht mehr vor Ort sein kann.

In der Podiumsdiskussion erörtern russische Journalist:innen, wie die Recherche im Exil gelingt, worauf man in der Kommunikation mit Quellen achten muss und inwiefern sie ihre Methoden den neuen Umständen angepasst haben.

Das Panel wurde organisiert vom JX Fund - European Fund for Journalism in Exile.

Chefredakteur des auf investigativen Journalismus spezialisierten russischen Mediums Agenstvo. Davor arbeitete er als Chefredakteur der Website des Fernsehsenders Dozhd, Chefredakteur von Forbes.ru und stellvertretender Chefredakteur von RBC. Im März 2022 verließ er Russland und lebt seither in Deutschland.

Ekaterina Formina arbeitet für IStories und hat in der Vergangenheit für die Novaya Gazeta gearbeitet. Sie war gezwungen, Russland zu verlassen, um ihre Arbeit als unabhängige Journalistin fortsetzen zu können. Sie recherchiert über Kriegsverbrechen und versucht, in ihren Artikeln sowohl die ukrainische als auch die russische Sicht darzustellen.

Mikhail Danilovich, russischer Journalist. Als freiberuflicher Schriftsteller lebte er bis 2022 in Perm. Er hat mit regionalen und föderalen Publikationen zusammengearbeitet. Preisträger des Redkollegiya"-Preises für seine Untersuchung über die Verletzung der Geheimhaltung der Diagnose von Menschen mit HIV in der Region Perm. Nach Kriegsbeginn siedelte er nach Lettland über und wurde Autor und Mitbegründer der Zeitschrift Novaya Vkladka mit dokumentarischen Geschichten aus den russischen Regionen. In dieser Publikation werden Materialien veröffentlicht, die den Lesern aus Russland helfen, den Kontakt zueinander nicht zu verlieren und zu verstehen, wie man nach dem Ausbruch des Krieges in der Realität lebt. Für ausländische Leser bietet Nowaja Wkladka ein "Fenster nach Russland". Am 24. Mai 2023 wurde Nowaja Wkladka ein Jahr alt - die Publikation verfügt über ein Netz von freien Autoren in Russland, ihre Texte werden regelmäßig für den "Redkollegija"-Preis nominiert, und andere Publikationen übersetzen ihre Texte in andere Sprachen: Englisch, Deutsch und Polnisch. Darüber hinaus verfügt Nowaja Wkladka über ein einzigartiges Mentorensystem für junge Autoren.

Mareike Aden arbeitet als Redakteurin und Autorin beim NDR Fernsehen in Hamburg und ist stellvertretende Teamleiterin der ARD-Zulieferung, die für Sendungen wie Tagesschau, Tagesthemen, Mittags- und Morgenmagazin, sowie Brisant aus Hamburg berichtet. Bevor sie Ende 2014 zum NDR kam, hat sie sieben Jahre als freie Korrespondentin, vor allem für die Deutsche Welle, aus Russland und der Ukraine berichtet – unter anderem vom Maidan und während der Krim-Annexion.

Für ihre Arbeit ist sie mit dem Axel Springer Preis für Junge Journalisten, sowie mit dem Peter-Boenisch-Gedächtnispreis ausgezeichnet worden. Seit ihrer Rückkehr nach Deutschland gehören Russland und die Ukraine neben Großbritannien weiterhin zu ihren Themenschwerpunkten.