Gewalt und erzwungenes Schweigen: Häusliche Gewalt bei Profifußballspielern
17.06, 15:30–16:30 (Europe/Berlin), U8
Sprache: Deutsch

Im vergangenen Jahr deckten wir bei einer gemeinsamen Recherche von Correctiv und Süddeutscher Zeitung mehrere Fälle von häuslicher Gewalt von Profi-Fußballspielern gegen ihre früheren Partnerinnen auf. Der Fall Jerome Boateng machte im Herbst 2022 erneut Schlagzeilen – doch wie unsere Recherche zeigte, geht das Problem weit über Einzelfälle hinaus und legt ein enormes Machrgefälle bloß: Die Frauen sprechen nicht nur über körperliche und psychische Gewalt, sondern auch über Drohungen, intensive Nachstellungen und enormen emotionalen sowie rechtlichen Druck. Die meisten von ihnen fühlten sich eingeschüchtert und zum Schweigen gedrängt – in mehreren Fällen mit so genannten Verschwiegenheitsverpflichtungen (NDAs). Während die Frauen weitgehend allein dastehen, werden die Männer von einem System aus Geld, Macht und totaler Kontrolle geschützt. In diesem Vortrag stellen wir die erschütternden Ergebnisse unserer Recherche vor und geben konkrete Einblicke in den Verlauf und die Herausforderungen der Recherche, und wie wir mit diesen umgegangen sind: Wie haben wir unsere Informantinnen gefunden? Wie haben wir die Frauen dazu gebracht, mit uns zu sprechen, obwohl sie verängstigt sind, sich vertraglich zum Schweigen verpflichtet haben und in mehreren Fällen sehr konkret bedroht werden? Wie sind wir mit den rechtlichen Risiken umgegangen? Wie haben wir die Angaben der Frauen überprüft? Viele der Erkenntnisse, die wir gewonnen haben, sind allgemein für MeToo-Recherchen relevant. Andere sind sehr spezifisch an das Thema Gewalt und Machtmissbrauch im Profisport gekoppelt.

Gabriela Keller ist seit 2020 Reporterin bei dem investigativen Recherchezentrum Correctiv. Ihre Schwerpunkte sind unter anderem dubiose Investoren in den Erneuerbaren Energien, Lobbyismus, fragwürdige Immobiliendeals und Fehlentwicklungen im Gesundheitswesen. Zuvor hat sie im Team Investigativ bei der Berliner Zeitung mit dubiosen Akteuren auf dem Berliner Immobilienmarkt befasst. Zu ihren Stationen zählt auch die taz, wo sie über Themen wie Rechtsextremismus, das Reichsbürger-Milieu und soziale Ungleichheit schrieb. Keller ist Autorin eines Buchs über die Prepper-Bewegung in Deutschland. Nach ihrem Volontariat beim Weser-Kurier in Bremen lebte sie fünf Jahre als freie Korrespondentin und Nahost-Reporterin in Syrien und dem Libanon.

Diese(r) Vortragende hält außerdem:

Lena Kampf, Jahrgang 1984, arbeitet seit Mai 2022 als Redakteurin im Ressort Investigative Recherche und ist seit Dezember 2022 Stellvertretende Ressortleiterin. Sie arbeitet in Berlin, wo sie unter anderem gemeinsame Recherchen mit der Parlamentsredaktion der SZ koordiniert. Ihr Schwerpunkt liegt auf Rechtsextremismus und Terrorismus, Polizei und Justiz, aber auch Fällen sexualisierter Gewalt und internationale Recherchen.

Zuvor war sie Investigativreporterin beim WDR in Berlin und Brüssel und über die Recherchekooperation aus Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR der SZ bereits als Autorin verbunden.

Sie hat 2019 mit einer Reportage über die #Metoo-Bewegung im Europaparlament den Deutsch-Französischen Journalistenpreis gewonnen. Im Sommer 2016 verbrachte sie zwei Monate als Arthur F. Burns Fellow bei der Zeitung Miami Herald in Florida.

Foto von Fotograf Friedrich Bungert

Diese(r) Vortragende hält außerdem:

Maike Backhaus arbeitet als Autorin und freie Investigativjournalistin für CORRECTIV, die Süddeutsche Zeitung, die »New York Times« und den SPIEGEL. Außerdem entwickelt sie Podcasts, Film- und Serien-Formate.